Alter Markt in Potsdam – ein Rundgang durch die neue Mitte

Alter Markt in Potsdam – ein Rundgang durch die neue Mitte

Der Alte Markt in Potsdam hat seit der Wende ein neues Gesicht bekommen. Neben dem Stadtschloss und der Nikolaikirche erzählen historische Bürgerhäuser ihre Geschichte. Jahrelang rangen Befürworter um eine Rekonstruktion der Bauten nach dem Vorbild aus der Zeit Friedrichs des Großen. Heute zeigt sich der Alte Markt wieder mit seinen schmucken Fassaden, die führende Architekten im 18. Jahrhundert nach Friedrichs Vorgaben planten. Ich bin gern im Herzen der Stadt unterwegs und nehme dich mit auf einen Rundgang durch die neue Mitte Potsdams.

Das Museum Barberini und der nördliche Flügel des Potsdamer Stadtschlosses rahmen den Alten Markt ein

Das Wichtigste in Kürze:

  • Der Alte Markt zeigt sich in italienischem Stil
  • Für die Gestaltung von Potsdams neuer Mitte musste DDR-Architektur weichen
  • Das Palais Barberini und einige Bürgerhäuser wurden nach historischem Vorbild errichtet
  • Im Potsdamer Stadtschloss residiert der Brandenburger Landtag
  • Nikolaikirche und das Alte Rathaus wurden in den 1960er-Jahren neu aufgebaut

Potsdams Kern erstrahlt in altem preußischem Glanz

Bei einem Rundgang über den Alten Markt in Potsdam fallen dir die palastähnlichen Fassaden nach klassizistischem und barockem Vorbild sofort auf. Friedrich der Große hat sie errichten lassen. Sein Vater, der Soldatenkönig, hatte den Markt mit einfachen Fachwerkhäusern bebaut. Doch Friedrich erhob Potsdam zu seiner Residenzstadt, weil er Berlin nicht mochte. Er wünschte sich eine imposantere Gestaltung für das direkte Umfeld seines Regierungssitzes.

Am Alten Markt setzte der König Akzente, die das Areal bis 1945 prägten. Er ließ Gebäudefassaden nach klassizistischen Vorbildern errichten und gestaltete das Stadtschloss um. Seine Inspiration erhielt er aus Italien, aber auch aus Frankreich und den Niederlanden.

Die Luftangriffe der „Nacht von Potsdam“ (14./15. April 1945) zerstörten das Stadtschloss, die Nikolaikirche, das Palais Barberini und einen großen Teil der Stadtmitte.

Nach dem Krieg lag Potsdam in der sowjetischen Besatzungszone. Die Stadtverwaltung ließ die Gebäude nach und nach abtragen. Nur die Nikolaikirche, das Alte Rathaus und das Lehmannsche Haus wurden rekonstruiert. Ansonsten blieb der Alte Markt bis zu einem umstrittenen Theaterneubau in den 1980er-Jahren eine Freifläche. Zwischen dem nördlichen Bereich des Alten Marktes und dem Platz der Einheit entstanden Bauten in typischer DDR-Architektur.

Der vollständige Wiederaufbau des Alten Marktes begann ab dem Jahr 2000 nach historischem Vorbild. Drei der vier Bauabschnitte sind fertiggestellt. Wenn du heute auf dem Platz stehst und dir die Bilder aus der Zeit vor 1945 anschaust, erkennst du die Silhouette aus dem 18. Jahrhundert wieder.

Das Palais Barberini, im Stil einer italienischen Villa errichtet, hebt sich besonders hervor. Auf dem rechten historischen Foto siehst du es im hinteren Bereich. Es beherbergt ein Kunstmuseum.

Rekonstruktion des Alten Markts – am Anfang stand das Fortunaportal

Nach der Wende beschlossen die Stadtverordneten, die Potsdamer Mitte im Original wieder aufzubauen. Den Anfang machte das Fortunaportal, das den Haupteingang zum Schloss zierte. Der Wahlpotsdamer Günter Jauch spendete den Wiederaufbau und weihte es im Jahre 2001 ein. Zehn Jahre stand es einsam auf dem Alten Markt.

Ab 2013 folgte der Rekonstruktion der heutigen Straße „Am Schloss“, unter anderem mit dem Barberini, für das Hasso Plattner finanzielle Mittel bereitstellte. Die historischen Bürgerhäuser entlang der Anna-Zielenziger-Straße bildeten den dritten Abschnitt der Rekonstruktion. Vorher waren umfangreiche Abrissarbeiten notwendig.

Rückblick: Abriss und Protest vor dem Wiederaufbau

Ich kann mich noch an den Alten Markt und das Areal bis zum südlichen Platz der Einheit erinnern: Das Stadtschloss gab es nicht mehr. Nur die Nikolaikirche und das Alte Rathaus mit der Atlas-Statue auf der Kuppel waren Zeugen einer vergangenen Zeit.

Der nördliche Rand des Alten Marktes wurde mit DDR-Architektur gestaltet: Dort befand sich das Institut für Lehrerbildung. Nach der Wende zog die Potsdamer Fachhochschule in die Räume ein. Das Sporthaus Olympia, eine Buchhandlung, ein Exquisit und die Bibliothek luden zum Bummeln ein. Um Potsdams neuer Mitte seine ursprüngliche Architektur wiederzugeben, mussten die Gebäude aus DDR-Zeiten weichen. Um Abriss und Wiederaufbau wurde lange gestritten. Schließlich setzten sich die Pläne zur Erneuerung der historischen Mitte durch und die Planung des dritten Bauabschnittes konnte beginnen. Die Entfernung der Gebäudestrecke begann im Jahre 2018.

Fehlplanung Theaterneubau

In der zweiten Hälfte der 1980er-Jahre war am Ufer der Neuen Fahrt ein Theaterneubau entstanden. Dieser war so unattraktiv, das er bereits in der DDR für Unmut in der Bevölkerung sorgte. Das Gebäude wurde nie fertiggestellt. Im Jahre 1991 erfolgte der Abriss. Der Alte Markt lag brach.

Streit um den Staudenhof

Auf dem östlichen Areal zwischen Altem Markt und Platz der Einheit befand sich der Staudenhof. Es handelte sich um eine Grünanlage mit einem Neubaublock. Der Komplex entstand zwischen 1971 und 1972. Der Beschluss, das Gebäude abzureißen, stammt aus dem Jahre 2012. Doch Proteste von Einheimischen und Klagen von Mietern verzögerten die Planung.

Ein letzter Mieter verließ seine Wohnung zum Jahresende 2023. Danach konnte der Abriss beginnen. Im Januar 2025 war er so gut wie abgeschlossen. Diese letzte Baulücke wird ebenfalls mit Gebäuden im historisch-modernen Stil geschlossen.

Potsdamer Mitte – historisch trifft modern

Nach dem Abriss der Fachhochschule konnte der Wiederaufbau des Stadtquartiers am Alten Markt im Jahre 2021 beginnen. Es sind die Bauabschnitte III bis V. Der dritte Abschnitt befindet sich in der Fertigstellung.

In der Gestaltung der Fassaden trifft historisch auf modern: Nach dem Abschluss der Bauarbeiten wird es acht weitere Bürgerhäuser mit rekonstruierter Fassade geben. Sechs von ihnen kannst du auf unserem Rundgang entdecken. Zwei befinden sich noch in der Planung.

Die anderen der insgesamt 48 Häuser erhalten moderne Fassaden, die sich in das Gesamtensemble einfügen. Vorgesehen ist, dass vier von ihnen nach besonderen Gestaltungsvorgaben errichtet werden. Zu diesen gehört das Haus der Musik, das wir uns auf unserem Rundgang anschauen werden.

An der Seitenfassade der Bibliothek prangt ein Plakat mit einer Grafik, die das Stadtquartier nach der Fertigstellung des vierten Bauabschnittes zeigt. Im hinteren rechten Bereich ist der Staudenhof noch zu sehen. Rund um die Bibliothek sollen günstige Mietwohnungen entstehen.

Der fünfte Bauabschnitt verzögerte sich durch den Streit um den Staudenhof. Da dieser nun abgerissen ist, kann das Stadtquartier in den nächsten Jahren fertiggestellt werden.

Der neue Alte Markt

Vom Potsdamer Hauptbahnhof erreichst du den Alten Markt in wenigen Gehminuten. Alternativ gibt es eine Haltestelle für Busse und Straßenbahnen direkt am Westflügel des Potsdamer Stadtschlosses. Dieses dominiert heute wieder das Bild der neuen Potsdamer Mitte.

Über die Geschichte des Schlosses erstelle ich einen separaten Artikel. Es wurde im Januar 2014 nach dem Wiederaufbau eingeweiht und ist Sitz des Landtags von Brandenburg. Die Restaurierung nach dem Vorbild des Originals beschränkt sich auf die Außenfassade. Die Innenräume sind modern gestaltet. Der Zugang zum Foyer des Schlosses, zur Knobelsdorff-Treppe und zu den Ausstellungen des Landtags ist täglich zwischen 8 und 18 Uhr möglich. Den Innenhof kannst du bis 20 Uhr besichtigen. Der Eintritt ist kostenlos.

Nach deinem Rundgang kannst du in Potsdams Mitte viel Zeit verbringen: Durch die Nähe zur Havel, die Freundschaftsinsel und die umliegenden Restaurants ist der Alte Markt wieder zu einem empfehlenswerten Ausflugsziel geworden.

Schauen wir uns nun die Bürgerhäuser an, die im letzten Jahrzehnt neu entstanden sind, aber doch eine lange Geschichte erzählen.

Bürgerhäuser aus der Zeit Friedrichs des Großen

Friedrich II. veränderte Potsdam. Er regierte 46 Jahre (1740 – 1786) und hinterließ bei seinem Tod mehr als 600 neue Gebäude. Die ursprüngliche Bebauung am Alten Markt war ihm zu schlicht: Er fand das Umfeld seiner Residenz nicht repräsentativ genug und wünschte sich eine Veränderung. Die Fachwerkhäuser seines Vaters mussten weichen.

Für die Neugestaltung ließ er sich von italienischen Palästen inspirieren. Doch die künftigen Bewohner waren keineswegs Adlige, sondern Bürger Potsdams, die in klassischen Berufen tätig waren: Gastwirt, Sattler, Hotelier oder Grenadier. Die opulente Neugestaltung betraf die Fassaden, die das Umfeld des Schlosses aufwerten sollten. Hinter den Eingangstüren waren es Bürgerhäuser des 18. Jahrhunderts.

Experten schreiben die Idee, Bürgerhäuser im Stil italienischer Paläste zu bauen, gern Friedrichs wundersamem Wesen zu. Ich finde die Kombination interessant, zumal wir von den rekonstruierten Gebäuden wissen, wer dort einst lebte. Vor deinem geistigen Auge entsteht ein Bild von Friedrichs Gesellschaft im 18. Jahrhunderts: Der König residiert im Schloss, die Bürger sind seine Nachbarn.

Museen, Miet- und Eigentumswohnungen

Heute beherbergen die Gebäude Museen, aber auch Miet- und Eigentumswohnungen in bester Lage. Der für den italienischen Klassizismus stehende palladianische Baustil hat auf dem Alten Markt wieder Einzug gehalten. Er wurde nach dem Architekten Andrea Palladino benannt. Friedrich liebte ihn.

Meiner Meinung hat Potsdam durch die Neugestaltung des Alten Marktes erheblich an Attraktivität gewonnen. Aber ich bin auch ein Fan historischer Architektur. Die DDR-Bebauung wünsche ich mir nicht zurück. Doch es gibt andere Stimmen: Die DDR-Architektur gilt heute als erhaltenswert. Das Hotel Mercure, das auf der Gartenseite des Stadtschlosses mitten im einstigen Lustgarten steht, wurde vor dem Abriss bewahrt. Nun steht ein Denkmalschutz zur Diskussion.

Zehn Bürgerhäuser und ihre Geschichte

Schauen wir uns nun die rekonstruierten Bürgerhäuser genauer an. Warum sind es plötzlich zehn Gebäude? Zu den acht neu rekonstruierten Gebäude kommt der in der DDR wiederaufgebaute Gebäudekomplex hinzu. Da das Windelbaldsche Haus neu gestaltet wurde, zählt es nicht dazu.

Wir beginnen in der Straße „Am Schloss“. Wenn du vom Hauptbahnhof kommst, biegst du vor dem Stadtschloss rechts in die Straße ein. Steigst du an der Haltestelle „Alter Markt“ aus, umrundest du das Stadtschloss. Unser erstes Gebäude hat die Hausnummer 3. Im Erdgeschoss befindet sich ein Café.

Begeben wir uns auf eine kleine Zeitreise in die Architektur des ausgehenden Mittelalters: Friedrich war dem italienischen Baustil sehr zugetan, obwohl er in der Mitte des 18. Jahrhunderts gar nicht mehr der Mode entsprach, sondern 200 Jahre alt war. Doch davon ließ sich der König nicht beirren. Lerne nun das Potsdam des „Alten Fritz“, wie die Einheimischen ihren König nannten, näher kennen.

1. Segersches Haus (Palazzo Pompei)

Das Segersche Haus am östlichen Ende des Alten Markts zeigt dir den barocken Baustil. In der Nacht von Potsdam war es zerstört worden. Der Wiederaufbau erfolgte zwischen 2013 und 2016.

Das Original entstand im Jahre 1754 nach Plänen Friedrichs des Großen. Der Entwurf und die Planung übernahm der preußische Baumeister Carl Ludwig Hildebrandt. Er orientierte sich am Palazzo Pompei in Verona. Dieser wurde im 16. Jahrhundert während der Blüte der Renaissance errichtet.

Über den sieben Fenstern der ersten Etage siehst du Fratzengesichter, auch Maskarone genannt. Drei von konnten bei der Abtragung der Gebäudereste gesichert und in die Fassade integriert werden. Du erkennst sie an ihrer dunkleren Farbe.

Gastwirt Seger war der erste Bewohner nach der Fertigstellung des Hauses. Auch heute hat der „Palazzo Pompei“ einen prominenten Mieter: Mit dem Antritt seiner Kanzlerschaft im Jahre 2021 bezog Olaf Scholz eine Wohnung im Segerschen Haus.

2. Noacksches Haus (Palazzo Chiericati)

Das Noacksche Haus schließt sich direkt an das Segerische Haus an. Gemeinsam mit dem Barberini bilden die drei Gebäude eine Einheit. Es war im Jahre 1777 das letzte Gebäude, das Friedrich der Große errichten ließ. Es wurde es zwischen 2013 und 2016 rekonstruiert. Die Gebäudereihe bildete nach dem Stadtschloss den ersten Teil des Alten Marktes, der nach ursprünglichem Vorbild wieder aufgebaut wurde.

Der Mannheimer Architekt Carl Philipp von Gotthard plante das Gebäude und ließ sich vermutlich vom Palais Chiericati inspirieren, das in Vicenza im barocken Renaissance-Stil erbaut wurde. Offiziell bestätigt ist dies, anders als bei den anderen Gebäuden, nicht. Das Noacksche Haus schloss die Baulücke zwischen dem Barberini und dem Segerschen Haus: Beide waren zum Zeitpunkt der Errichtung bereits fertiggestellt. Benannt ist es, wie die anderen Gebäude, nach dem ersten Bewohner. Es war der Gastwirt Noack. Heute ist das Noacksche Haus als Wohn- und Geschäftshaus konzipiert.

3. Palais Barberini – Hasso Plattner stiftet ein Kunstmuseum

Das Palais Barberini ist neben dem Potsdamer Stadtschloss das bekannteste Gebäude auf dem Alten Markt. Friedrich der Große ließ es in den Jahren 1771/72 errichten. Er orientierte sich an dem gleichnamigen Palast in Rom. Zum Ende des Zweiten Weltkrieges wurde das Barbarini so stark zerstört, dass nur noch die Grundmauern erhalten blieben. Ein Wiederaufbau stand gemeinsam mit der Nikolaikirche und dem Alten Rathaus zur Diskussion. Eine Umsetzung erfolgte nicht.

Nachdem das Areal als Grünanlage und Parkplatz genutzt wurde, entstand an dieser Stelle das provisorische Hans-Otto-Theater, das bis zum Neubau in der Schiffbauergasse zwischen 1994 und 2006 als Spielstätte genutzt wurde.

Die Fassade wurde nach den historischen Bildern und Plänen authentisch gestaltet. Fassadenteile im Original waren leider nicht erhalten. Das Klingnersche Haus ist das letzte der bekannten Bürgerhäuser, das den Alten Markt nun wieder ziert. Die Fertigstellung erfolgt noch in diesem Jahr (2025).

2013 stiftete der Potsdamer Mäzen Hasso Plattner Mittel für den Wiederaufbau des Palais Barberini. Heute ist das „Museum Barberini“ weit über die Grenzen Deutschlands hinaus für seine wechselnden Kunstsammlungen bekannt.

Im 19. Jahrhundert veranlasste Friedrich-Wilhelm IV., die unscheinbare rückwärtig zur Havel gelegene Fassade mit zwei Seitenflügeln zu erweitern. Diese kannst du heute von der Freundschaftsinsel oder vom Uferweg an der Alten Fahrt anschauen.

Das Palais Barberini trug den heute nicht mehr so bekannten Namen Schulzisches und Dieckowsches Haus. Im Gegensatz zu den anderen Bauten war dem Volk der Name „Barberini“ geläufiger.

4. Lehmannsches Haus (Knobelsdorff-Haus)

Das Lehmannsche Haus wurde zur DDR-Zeit als Knobelsdorff-Haus bezeichnet. Der Name hat sich bis heute erhalten, obwohl es der Architekt zu keinem Zeitpunkt bewohnte. Es steht an der Ostseite des Alten Marktes, zwischen dem Palais Barberini und dem Alten Rathaus. Auf dem Foto siehst du das Gebäude auf der rechten Seite.

Die Verbindung zwischen dem Lehmannschen Haus und dem Alten Rathaus schafft das ehemalige Windelbandsche Haus, das mit seinen Glasfassaden nicht dem Original entspricht. Dieser bereits in der DDR rekonstruierte Gebäudekomplex beherbergt das Potsdam-Museum.

Das Lehmannsche Haus ist, ebenso wie das Klingnersche Haus, im palladianischen Baustil errichtet. Als Vorbild diente das Marble Hill House im englischen Twickenham. Der Sattler Lehmann war der erste Bewohner dieses Hauses.

5. Altes Rathaus (Palazzo Angarano)

Der Alte Markt ist seit dem Mittelalter das Zentrums Potsdam. Das Alte Rathaus steht heute am westlichen Rand des Alten Marktes. Ursprünglich befand es sich in der Mitte, da sich der Markt weiter nach Westen erstreckte. Es ist das älterste Gebäude auf dem Alten Markt in Potsdam

Du siehst heute ein Bauwerk, das sich an den palladianischen Baustil anpasst. Friedrich ließ das Gebäude in den Jahren 1753 bis 1755 umgestalten. Die Entwürfe stammen von Carl Ludwig Hildebrandt und Jan Bouman. Als Vorbild dienten Zeichnungen des nie vollendeten Palazzo Angarano in Vizenza.

Das Alte Rathaus wurde in den letzten Kriegstagen zerstört. Der Wiederaufbau erfolgte zwischen 1961 und 1966. Während der DDR-Zeit war das Alte Rathaus ein Kulturhaus. Heute beherbergt es gemeinsam mit den beiden Nebengebäuden das Potsdam-Museum.

Die Besonderheit des Alten Rathauses ist der runde Turm mit dem goldenen Atlas auf der Spitze, der einen Globus auf seinen gebeugten Schultern trägt. Die Figur des Atlas entstammt der griechischen Mythologie: Atlas, ein Titan, hat die Aufgabe, das Himmelsgewölbe der damals bekannten Welt an seinem westlichsten Punkt zu stützen. Dabei ist die Erde auf antiken Darstellungen des Atlas noch eine Scheibe.

Friedrich der Große ließ die Figur auf die Kuppel der Rotonde setzen. Die Inspiration kam aus den Niederlanden: Der rückseitige Giebel des Rathauses in Amsterdam trägt ebenfalls eine Atlasfigur.

Übrigens: Die Potsdamer nannten die Figur im 18. und 19. Jahrhundert gern „Puppe“. Inhaftierte, die im Turm des Rathauses gefangen gehalten wurden, saßen somit „unter der Puppe“.

6. Klingnersches Haus

Friedrich der Große ließ das Klingnerische Haus im Jahre 1750 errichten. Der preußische Hofarchitekt  Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff plante das Projekt, die Bauleitung übernahm Jan Bouman. Er stammte aus den Niederlanden und errichtete auch das Holländische Viertel, das etwa 15 Gehminuten vom Alten Markt entfernt liegt.

Das Klingnersche Haus befindet sich an der westlichen Ecke des Alten Marktes. Es ist das Pendant zum Lehmannschen Haus, auch Knobelsdorff-Haus genannt, das du an der Ostecke siehst. Grenadier Klingner, der Erstbewohner des Hauses, gab dem Gebäude seinen Namen.

7. Plögerscher Gasthof (Palazzo Valmarana)

Der einstige Plögersche Gasthof liegt an der ehemaligen Schlossstraße, heute Anna-Zielenziger-Straße genannt. Du verlässt den Alten Markt und läufst am Stadtschloss vorbei bis zur Friedrich-Ebert-Straße. Die markante Fassade erkennst du in der Reihe der modern gestalteten Bauten sofort.

Der Plögersche Gasthof war nach dem Inferno in den letzten Wochen des Krieges deutlich besser erhalten als andere Gebäude rund um den Alten Markt. Es brannte aus, aber die markante Fassade mit ihren Figuren blieb stehen. Ein Wiederaufbau wäre möglich gewesen, das Gebäude stand unter Denkmalschutz. Letztlich scheiterte die Rekonstruktion an der Obrigkeit der DDR. In dem Haus saß viele Jahre die Stadtkommandantur, das störte die Stadtverordneten. Das Schicksal des Gebäudes war besiegelt, der Abriss erfolgte 1958.

Besondere Bedeutung erhielt der Plögersche Gasthof aufgrund berühmter Gäste, die in dem Hotel residierten. Dazu zählten unter anderem Johann Wolfgang von Goethe, der Potsdam gemeinsam mit dem Herzog Carl-August von Sachsen-Weimar-Eisenach besuchte.

Ab 1765 gehörte das Hotel Johann Christoph Plöger, der seinen Gasthof „Zum Prinzen von Preußen“ nannte. Nach ihm wurde das Gebäude später benannt.

An dieser Stelle wurde Anfang der 1970er-Jahre die Gebäudestrecke mit dem Institut für Lehrerbildung, der späteren Fachhochschule, errichtet.

8. Acht Ecken (Quattro Fontane)

Biege nun rechts in die Friedrich-Ebert-Straße ein und laufe an dem Plögerschen Gasthof vorbei. An der nächsten Seitenstraße erreichst du Acht Ecken. Es ist der Name für vier Bürgerhäuser, die sich am Quattro Fontane in Rom orientieren. Sie schaffen eine Verbindung zwischen dem Alten und dem Neuen Markt: Diesen erreichst du, wenn du durch die Schwerfegerstraße läufst. Zwei der vier Häuser des Ensembles „Acht Ecken“ säumen sie.

Zu Zeiten Friedrichs war die Hohewegstraße – der ehemalige Name für die Friedrich-Ebert-Straße – sehr viel schmaler. Das Ensemble aus vier identischen Häusern, die die Kreuzung säumten, stand enger beieinander, als dies heute der Fall ist. Es wurde im Krieg zerstört. Drei der vier Häuser wurden abgerissen, nur das nordwestliche Gebäude überdauerte die DDR-Zeit und ist heute im Original zu sehen. Auf dem Bild befindet es sich auf der rechten Seite. Das linke Gebäude wurde mit seiner Fassade aus der Zeit des Rokoko restaurauriert.

Von den beiden gegenüberliegenden Gebäuden ist bislang nur eins fertiggestellt. Das letzte der vier Häuser wird mit dem vierten Bauabschnitt errichtet. Beide Häuser, die dann die Erika-Wolf-Straße säumen, haben eine einfachere Fassadengestaltung in modernem Stil.

Acht Ecken heißt das Ensemble, weil die vier Häuser jeweils zwei Ecken an der halbrunden Fassade haben. Friedrich ließ es zwischen 1771 und 1774 errichten.

Brunnenanlage als Inspiration

Friedrich ließ sich für das Acht Ecken Ensemble von einer Brunnenanlage inspirieren: Quattro Fontane wurde im Jahre 1588 vom Baumeister Francesco Borromini in Rom errichtet. Die Brunnen säumen ebenfalls eine Kreuzung und weisen die vier konkaven Fassaden auf. Der Stil des Rokoko war ebenso wie die anderen Baustile am Alten Markt etwa 200 Jahre vor Friedrichs Schaffenszeit datiert.

Wie bei den anderen Bürgerhäusern, sind auch hier die Namen der Bürger bekannt, die in den Häusern wohnten.

  • Nordwestliches Haus (im Original erhaltenes Gebäude): Zimmerer Brendel
  • Südwestliches Haus: Glasschleifer Brockes
  • Nordöstliches Haus: Schwertfeger Zeunert (nach seinem Beruf wurde die Straße benannt)
  • Südöstliches Haus: Kaufmann Bonseri

Bürgerhäuser Neun und Zehn folgen im vierten und fünften Bauabschnitt

Die Bürgerhäuser Neun und Zehn sind noch in der Planung. In der Erika-Wolf-Straße 12/Ecke Alter Markt entsteht der ehemalige „Palazzo Barbaran“. Carl Ludwig Hildebrandt entwarf das Gebäude. Friedrich der Große verschenkte es an einen Herrn Sternemann. Dieser war als Ratmann tätig. Die Fassade wurde vom Palazzo Barbaran da Porto in Vicenza adaptiert.

Am Alten Markt 7/8 entsteht ein weiteres Gebäude mit seiner historischen Fassade. Es handelt sich um die Fassade des Palazzo Giulio Capra in Vicenza nach dem Stil von Andrea Palladio. Das Original wurde 1795 durch herunterfallende Turmteile der brennenden Nikolaikirche zerstört. Michael Philipp Boumann, ein Sohn des aus den Niederlanden eingewanderten Johann Boumann, baute das Gebäude zwischen 1796 und 1797 wieder auf und verband es mit dem Nachbarhaus. In dieser Gestaltung soll es rekonstruiert werden.

Moderne Fassaden als Kontast zur historischen Bebauung

Entlang der Erika-Wolf-Straße siehst du bereits fertiggestellte moderne Fassaden, die den bewussten Kontrast zur historischen Bebauung bilden. Doch warum wurden nicht alle Gebäude in ihrem historischen Ursprung restauriert?

Ein Karree voller Nachbauten – das hätte ja ein Disneyland ergeben … nur zehn Prozent der Gebäude erhalten originalgetreue Fassaden – alles andere ist moderne Architektur.

Architekturfachmann Andreas Kitschke. Quelle: „So sah das „Vorleben“ des neuen Viertels am Potsdamer Landtag aus.“ MAZ digital vom 08.01.2023. Zuletzt abgerufen am 7. März 2025

Andreas Kitschke spricht weiterhin von einer „Puppenstube“, die eben nicht entstehen sollte, und davon, dass gar nicht zu allen Häusern so detaillierte Pläne vorlagen, dass eine Restauration möglich gewesen wäre. In der Konsequenz der Überlegungen entstand der Mix aus historischen Fassaden und moderner Architektur, die du nun rund um den Alten Markt entdecken kannst.

Erika-Wolf-Straße 5: Das „Haus der Musik“

In der Erika-Wolf-Straße mit der Hausnummer 5 fällt ein schmales Haus mit einer Sternfassade auf. Dies ist kein Zufall: Sie erinnert an die Fassadengestaltung der alten Fachhochschule, die sich etwa vierzig Jahre an diesem Standort befand. Hier kannst du dir das Original ansehen.

Das „Haus der Musik“ wurde von einem privaten Investor errichtet und bietet Musikern die Möglichkeit, in den Räumen zu proben.

Nikolaikirche und Obelisk

Am Ende der Erika-Wolf-Straße kommst du über die Straße „Alter Markt“ zurück in das alte und neue Herz von Potsdam. Unerwähnt blieb bislang die Nikolaikirche: Sie bekommt, ebenso wie das Stadtschloss, einen eigenen Artikel. Wenn du noch Zeit hast, kannst du den Turm besteigen. Von der Aussichtsplattform hast du einen herrlichen Blick über Potsdam.

Der Obelisk wurde ebenfalls von Friedrich dem Großen entworfen und im Jahre 1750 aufgestellt. Er befindet sich in der Mitte der Sichtachse zwischen dem Palais Barberini, dem Alten Rathaus und der Nikolaikirche. Damit folgte Friedrich dem römischen Vorbild einer Platzgestaltung.

Ursprünglich zeigte der Obelisk die Bildnisse von Kurfürst Friedrich-Wilhelm und von den Königen Friedrich I., Friedrich-Wilhelm I. und Friedrich dem Großen. Nachdem er 1945 stark beschädigt wurde, trug man ihn zunächst ab. Er wurde in den Jahren 1978/79 restauriert. Die Bildnisse wurden verändert: Heute siehst du vier berühmte Architekten: Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff,  Carl von Gontard, Karl Friedrich Schinkel und Ludwig Persius. Letztere sind als die Erbauer der Nikolaikirche in die Geschichte eingegangen.

Auszeit an der Havel und in der Innenstadt

Nachdem du deinen Rundgang über den Alten Markt und durch die neu gestalteten Straßen abgeschlossen hast, kannst du auf der naheliegenden Freundschaftsinsel oder auf dem Spazierweg entlang der Alten Fahrt eine Auszeit an der Havel nehmen. Es gibt gute Restaurants, im Sommer sitzt du in den Außenbereichen der Restaurants, hörst die Stadt rauschen und blickst auf die Alte Fahrt.

Wenn du die Breite Straße überquerst, erreichst du den Lustgarten. Auch er endet am Ufer der Havel. Die Fahrgastschiffe legen am Fuße des Hotels Mercure ab. Empfehlenswert ist die Schlösserrundfahrt, die etwa eine Stunde dauert und dir unter anderem die „Perlenkette an der Havel“ zeigt: So wurde die Achse von Schloss Babelsberg, dem Jagdschloss Glienicke und dem Schloss Glienicke genannt.

Die Potsdamer Innenstadt mit der Fußgängerzone Brandenburger Straße und dem Holländischen Viertel erreichst du, wenn du die Friedrich-Ebert-Straße in nördlicher Richtung weiterläufst. An deren Ende befindet sich das Nauener Tor: Eins der drei erhaltenen ehemaligen Stadttore, die gemeinsam mit der Stadtmauer den Potsdamern Schutz boten.

Die Gestaltung der Potsdamer Mitte wird mit der Schließung der letzten beiden Baulücke rund um die Stadt- und Landesbibliothek und im Bereich des ehemaligen Staudenhofs vor ihrem Abschluss. Nimm dir Zeit, das alte neue Potsdam zu entdecken, und genieße das italienische Flair auf dem Alten Markt, das dich in die Regierungsperiode Friedrichs des Großen zurückführt. Wenn du in einigen Jahren wiederkommst, kannst du durch das fertiggestellte Stadtquartier bummeln und die heute noch nicht fertiggestellten Bürgerhäuser bewundern.


Fotos © jette


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