Baumblütenfest in Werder (Havel)
Das Baumblütenfest wurde in Werder (Havel) im Jahre 1879 zum ersten Mal gefeiert. Damals unterbreitete der Obstbauer Werner Wils in einer Sitzung des Obstbauvereins den Vorschlag, zur Zeit der Obstblüte ein Fest auszurichten. Der wunderbare Anblick der blühenden Obstbäume sollte die Berliner erfreuen. Den Obstbauern bescherten sie nach dem langen Winter erste größere Einnahmen. Das erste Fest am 10. Mai 1878 war ein großer Erfolg. In den folgenden Jahren wurde das Fest größer. Die Höhengaststätten entstanden, Ausflugsdampfer brachten die Gäste nach Werder (Havel). Das Baumblütenfest war geboren.
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Kurzer Überblick über die Geschichte des Festes
In den ersten Jahren fand das Baumblütenfest in den Höfen und Gärten der Obstbauern statt. Einige verkauften den Obstwein an Ständen, die am Straßenrand aufgebaut wurden. Doch bald reichte das nicht mehr aus. Die Berliner liebten das Fest und kamen in großen Zahlen in die kleine Havelstadt. Zum Ende des 19. Jahrhunderts entstanden die Höhengaststätten: Friedrichshöhe, Bismarckhöhe, Rauenstein und, bis 1920, die Gerlachshöhe bewirteten die Gäste nicht nur zur Baumblüte, sondern das ganze Jahr über. Das Blütenfest hatte Werder bekannt gemacht.
Einige Pausen bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges
Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges blieb das Baumblütenfest in seiner Ausrichtung grundlegend bestehen: Die Feierlichkeiten konzentrierten sich auf die Höhengaststätten und den Bereich der Inselstadt und der Vorstadt. Hier verkauften die Obstbauern ihren Wein an Straßenständen oder in den Gärten. Es gab in der Kriegszeit einige Pausen, in denen das Fest ausgefallen ist.
DDR-Zeit: Keine klassische Baumblüte in Werder (Havel)
Werder (Havel) befand sich in dem Gebiet der sowjetischen Besatzungszone. Während der DDR-Zeit gehörte die Stadt zum Bezirk Potsdam. Der Verkauf in den Obstgärten durfte nicht mehr stattfinden: Zudem waren die Obstbauern nicht mehr selbstständig, sondern in Gärtnerischen Produktionsgenossenschaften (GPG’s) organisiert.
Das Baumblütenfest in Werder (Havel) verlor in dieser Zeit an Bedeutung. Es gab zum 100-jährigen Jubiläum im Jahre 1979 einen großen Festumzug. Ansonsten konzentrierte sich das Fest wie zu Beginn auf die Höhengaststätten: Es gab aber kein fröhliches Fest, sondern informative landwirtschaftliche Ausstellungen. Vor der Höhengaststätte Rauenstein wurde am 1. Mai eine Schokoladenspezialität verkauft, die im Laden nicht erhältlich war. Für uns Kinder war dies ein Highlight, das wir mit dem Baumblütenfest in der DDR-Zeit verbinden.
1990 bis 2019
Nach der Wende kehrte die Stadt zu dem großen Fest zurück, für das Werder (Havel) einst bekannt war: Da die Höhengaststätten an Bedeutung verloren hatten, konzentrierte sich das Fest nun auf Werders Kern: Die Inselstadt, die Vorstadt und den Hohen Weg. Das Fest entwickelte über die Grenzen Brandenburgs hinaus Bekanntheit: Es kamen in der neuntägigen Festwoche in Spitzenjahren bis zu 500.000 Besucher.
Der Verkauf von Obstwein blieb der Mittelpunkt des Festes: Die Obstbauern, aber auch andere Gewerbetreibende und Kulturschaffende profitieren vom Baumblütenfest. Für Kritik sorgte der übermäßige Konsum des süßen Weins, der mit Strafdelikten und Gewalt verbunden war. Obwohl es beides auf jedem Volksfest gibt, beugte sich die Stadt den Kritikern des Festes. Es handelte sich vornehmlich um Zugezogene aus den alten Bundesländern, die in den Jahren vor 2019 mit ihren Klagen gescheitert waren. Sie hatten Häuser auf dem Markt gekauft und störten sich an den neuen Tagen der Feierlichkeiten, die auf der großen Hauptbühne stattfanden.
Im August 2019 verkündete der Erste Beigeordnete der Stadt, Christian Große, dass das Fest in den nächsten beiden Jahren nicht stattfinden werde. Dies führte zu Protestaktionen, die leider schnell im Sande verliefen: Zu Beginn des Jahres 2020 begann die Corona-Pandemie. Das spielte der Stadt in die Karten. Das Fest fand zwischen 2020 und 2022 nicht statt.
Neustart im Jahre 2023
Der Neustart im Jahre 2023 scheitere krachend: Die Stadt musste ein Defizit von 1,2 Millionen Euro verkraften. Den Besuchern gefiel der Fokus auf die nicht gut erreichbare Bismarckhöhe nicht: Sie blieben fern und waren nicht bereit, den Eintritt zu zahlen. Als Konsequenz verkürzte die Stadt das Fest im Jahre 2024 auf drei Tage und zog für sich ein ausschließlich positives Resume. Die Meinung auf den Straßen und bei den Gewerbetreibenden fiel gemischt aus: Es gab durchaus Kritik, die jedoch vonseiten der Stadt nicht aufgenommen wurde.
Wie geht es weiter?
Mein Herz hängt an dem Baumblütenfest: Ich bin Altwerderanerin und wünsche mir wie viele andere, die hier geboren und aufgewachsen sind, eine Fortführung des großen Festes. Diesen Wunsch teilen wir mit Betreibern von Imbissständen, Karussells und Gewerbetreibenden. Doch wir haben wenig Chancen: Die Stadt konstruiert das Fest nach ihrem Befinden. Und vornehmlich nach dem Befinden derjenigen, die mit unserer Stadt und ihren Traditionen nicht verwurzelt sind.
In zwei Gesprächen mit Kommunalpolitikern unserer Stadt war Folgendes zu erfahren. Die Neubürger sind sehr viel lauter als die Altwerderaner. Die Kassen der Stadt sind zu klamm für ein großes Fest. Und auf die Frage, warum der Markt bei der Eröffnungsrede am Freitag so leer war, bekam ich die Antwort, dass es am Sonnabend voll war. So funktioniert die Politik in Berlin doch auch.
Mehr zum Fest erfährst du in den Blogartikeln, die ich seit 2023 veröffentliche. Es ist schade, um unsere Tradition. Aber die Erinnerungen an einzigartige Festmomente bleiben.