Die verkürzte Baumblüte 2024: Unsere Bilder und Eindrücke
Die verkürzte Baumblüte 2024 rief gemischte Reaktionen hervor: Das Fest in Werder (Havel) erfuhr nach 2023 die zweite Neuausrichtung. Offiziell fand es über einen Zeitraum von neun Tagen statt. Doch in dieser Zeit hatten nur die Höfe und Gärten geöffnet. Es folgten fünf Tage Rummel auf dem Hartplatz und ein dreitägiges Volksfest. Verglichen mit der Ausrichtung und dem Angebot bis 2019 war es nicht nur verkürzt, sondern es stieß an zwei der drei tollen Tage auf wenig Interesse. Die Stadt ist zufrieden, die handverlesenen Kommentatoren in den Werderaner Facebook-Gruppen auch. In Gesprächen auf der Festmeile ergab sich ein anderes Bild. Hier liest du meine persönliche Bestandsaufnahme.

Das Wichtigste in Kürze:
- Das neue Konzept der Baumblüte 2024 fand Befürworter, sorgte aber auch für Kritik
- Der Höhepunkt lag auf dem zweiten Festwochenende
- Das traditionelle Fest mit vielen Gästen und guter Stimmung erlebten die Besucher nur an einem Tag
- Die Höfe und Gärten waren sehr gut besucht
- Am 1. Mai liefen Gäste durch die Stadt und suchten das Fest
- Die Bürgermeisterin eröffnete die Baumblüte an Tag 7 auf einem leeren Marktplatz
- Das Abschlussfeuerwerk war nur von der Bismarckhöhe gut zu sehen
- In Bezug auf Straftaten und stark Betrunkene war das Fest ruhiger
- Die Stadtverwaltung ist mit dem neuen Konzept vollauf zufrieden
Ein kritischer Blick auf die verkürzte Baumblüte 2024
Was wir gemeinsam mit den Werderanern und Werderanerinnen erreichen wollten, ist aufgegangen. Wir hatten neun wunderschöne Tage in Werder mit bunten Angeboten für alle Generationen.
Manuela Saß. Bürgermeisterin von Werder (Havel)
So oder ähnlich ist es dieser Tage in allen Medien zu lesen: Die Stadt ist zufrieden und glücklich. Ein Kommunalpolitiker gab dieses Statement schon am frühen Sonntagnachmittag ab. Nicht offiziell, sondern in einem kurzen persönlichen Gespräch. Ja, es gab bei dieser Baumblüte schöne Momente. Auch für uns, die wir diese Neuausrichtung des Festes nicht gut finden. Die Momente konzentrierten sich auf ein Konzert am Sonnabend und ein weiteres, sehr kurzes am Sonntag.

Verglichen mit dem, was Gäste und Einheimische in den letzten 30 Jahren erlebten, war es ein einziger Tag, an dem bei uns das Gefühl aufkam, auf der Baumblüte zu sein.
Jeder Besucher hat seine eigene Sichtweise und seine Highlights. So mag mein Bericht einseitig erscheinen, denn es war einiges los, auf den Höfen und Gärten. Wir haben diese nie besucht, weil wir keinen Obstwein trinken.

Die Baumblüte als Volksfest im Zentrum der Stadt
Die Baumblüte war einmal ein großes Volksfest, auf dem neun Tage lang Konzerte und Veranstaltungen auf der Insel und in der Innenstadt geboten wurden. Wir haben getanzt, die Idole unserer Jugend live erlebt, alte Freunde getroffen und jeden Abend gefeiert. Die Baumblütenwoche war 30 Jahre lang eine gesetzte Urlaubswoche. Deshalb möchte ich in diesem Artikel einen anderen Blick auf die Baumblüte geben, als es die (öffentlich-rechtliche) Presse und die Stadt dieser Tage tun.

Wir sind an allen neun Tagen in Werder unterwegs gewesen, doch das Adjektiv wunderschön definieren wir anders. Wir hatten Gelegenheit, mit anderen Besuchern zu sprechen. Sogar ein Kommunalpolitiker lief uns über den Weg. Er war ebenso zufrieden wie seine Chefin. Mich erinnerte er an Olaf Scholz: Er hatte nicht vergessen, aber er wollte sich an den leeren Markt bei der Festeröffnung durch die Bürgermeisterin einfach nicht erinnern, obwohl er direkt in unserem Sichtfeld stand.


Vielleicht lag es daran, dass die Stadt nicht nur das Fest, sondern auch den Begriff der Eröffnung neu definierte: Sie fand nicht am ersten Tag statt, sondern erst vor dem zweiten Wochenende. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Besucher der Höfe und Gärten schon sechs Tage gefeiert. Der Rummel stand drei Tage und die „neun wunderschönen Tage“ sollten etwas mehr als 48 Stunden später beendet sein.
Alles neu – der Baumblütenball bleibt
Der Baumblütenball findet seit 1994 statt und ist zahlenden Gästen vorbehalten. Er war einer von zwei Programmpunkten, die die Stadt nicht aus dem Festprogramm gestrichen hatte. In den letzten 30 Jahren war der Ablauf immer gleich:
- Freitag: Der Baumblütenball findet statt. Die Baumblütenkönigin wurde anfangs noch auf dem Ball gewählt. Später wurde sie vorab in der Presse verkündet.
- Sonnabend: Mit dem traditionellen Festumzug beginnt das Fest. Die Baumblütenkönigin präsentiert sich den Werderanern und ihren Gästen. Der Umzug endet auf dem Marktplatz vor der großen Bühne. Spielmannszüge oder eine Kapelle leiten die Eröffnung ein. Die Bürgermeisterin (bis 2014 hatten wir einen Bürgermeister) eröffnet mit der Blütenkönigin das Fest
- Neun Tage feiern: Die Menschen feiern neun Tage lang, bis zum darauffolgenden Sonntag. Höfe und Gärten, die Bühnen und der Rummel hatten gemeinschaftlich geöffnet. Das Fest endete am Sonntag mit dem Abschlussfeuerwerk
In diesem Jahr sollte alles anders sein. Die Stadt kommunizierte es rechtzeitig in allen Medien und in den sozialen Netzwerken: Es wird eine verkürzte Baumblüte. Doch offenbar lesen nicht alle Menschen Zeitung oder loggen sich bei Facebook ein. Denn es irrten am ersten Wochenende und am 1. Mai Gäste durch die Stadt, die das Festgelände suchten
So lief die Baumblüte im Jahr 2024 ab
- Freitag, 26. April: Der Baumblütenball mit der Vorstellung der Blütenkönigin fand traditionell statt. Der Bürger erfuhr vorab aus der Zeitung und den sozialen Medien, welche junge Dame die Stadt vertreten würde. Die Wahl fiel auf Theresa Tauchert
- Sonnabend: Das Fest in den Höfen und Gärten begann. Ein Blütenbus brachte die Gäste auf die Plantagen. In der Stadt hatten einige Gärten geöffnet und es gab Stände, an denen Obstwein angeboten wurde. Die Gärten durften neun Tage geöffnet bleiben.
- Mittwoch 1. Mai: Der Rummel auf dem Marktplatz öffnet
- Freitag, 3. Mai: Das Volksfest beginnt mit der Eröffnung durch die Bürgermeisterin
- Sonnabend, 4. Mai: Um 11 Uhr startet der Festumzug, um 22 Uhr ein Abschlussfeuerwerk, das sich hinter Bäumen und Häusern verbarg. Am Sonntag endete das Fest um 20 Uhr
Die Baumblütenkönigin präsentierte sich erst am vorletzten Tag. Vorher war sie in den Höfen und Gärten unterwegs. Wer diesen Teil des Festes schwänzte, so wie wir es jedes Jahr getan haben, konnte ihr leider erst am vorletzten Tag zuwinken.
Das Fest in den Höfen und Gärten
Das Fest in den Höfen und Gärten begann am 27. April und endete am 5. Mai. Es ist das zentrale Element des neuen Konzepts: Die Besucher sollen dort feiern, wo die Baumblüte einst ihren Ursprung hatte. Zumindest wird es so kommuniziert. Aber das stimmt nicht ganz: Wie sollten die Besucher der Jahrhundertwende denn auf die abgelegenen Obstplantagen gelangen? Damals konzentrierte sich das Fest auf die Höhengaststätten und den Bereich der Innenstadt. Doch wer weiß das heute schon noch?
Zweifellos ist es sehr schön, unter den blühenden Obstbäumen zu sitzen und selbstgemachten Wein oder Apfelsaft mit einer Bratwurst oder einer Schmalzstulle zu genießen. Viele Besucher bevorzugen es, die Blüte in den Höfen und Gärten zu feiern. Sie hat sich aber erst seit den 2000er-Jahren als Teil des Festprogramms etabliert, und das sollte auch so kommuniziert werden.
Freitag, 3. Mai: Das Volksfest beginnt
Die Eröffnungsrede der Bürgermeisterin auf dem Marktplatz erwähnte ich bereits: Das Interesse war mäßig. Die wenigen Menschen durften erfahren, dass die Bürgermeisterin bislang tolle Tage hatte. Besonders schön wäre der Baumblütenball gewesen. Man hätte wirklich ausgelassen gefeiert.
Wir fragten uns, ob es im Saal der Bismarckhöhe wohl Stühle gegeben hatte. Sicher gab es die. Auf dem Markt fehlten nämlich die Bänke, die sich einst um die Friedenseiche gruppierten. Die Gäste mussten Bratwurst und Obstwein im Stehen genießen. Irgendwer erbarmte sich am Sonnabend und stellte dann doch einige Bierzeltgarnituren auf. Wer am Freitag feiern wollte, wurde zur Stehparty eingeladen.

Wir schauten uns am Freitag das gesamte Festgelände an. An der Regattastrecke wurde nur die private Bühne von Fischer Mai bespielt. Es gab einige Imbisswagen, hier waren die Bratwurst und die Backkartoffel teurer als beim Fischer, der beides ebenfalls anbot. Musik schallte von einem Cocktailstand herüber. Wir saßen gemeinsam mit einer kleinen Gruppe junger Leute auf einer Bank und hörten das Gespräch mit.
Hier gibt es eine Bühne
„Hier gibt es eine Bühne, die steht weiter hinten, man sieht sie von hier aus nicht.“
„Ich sehe keine Bühne.“
„Dann wird sie noch aufgebaut. Hier am Wasser war immer eine Bühne.“
Gespräch einer Gruppe junger Gäste, das wir an der Regattastrecke mithörten
Ich mischte mich in das Gespräch ein und erklärte, dass es hier keine Bühne mehr geben wird. Das wurde mit Erstaunen aufgenommen. Die jungen Leute hatten sich auf die 2000er-Party gefreut, von der sie im Internet gelesen hatten. Doch die Party fand auf der Bismarckhöhe statt.Nachdem die jungen Leute erfahren hatten, dass sie etwa einen Kilometer laufen und ein paar Treppen erklimmen mussten, waren sie schwer begeistert.


Das schlecht kommunizierte Abschlussfeuerwerk
Das Abschlussfeuerwerk wurde um einen Tag vorverlegt. Am Sonnabend versammelten sich die Gäste an der Regattastrecke, um sich das Spektakel anzuschauen. Als es losging, war das Feuerwerk zu hören, aber leider nicht zu sehen. Anfangs dachten wir, es wäre eine private Rakete losgegangen: Das kannten wir aus den vergangenen Jahren. Aber nein, dazu war es zu laut. Wir drehten uns um und sahen das Feuerwerk hinter uns: In diesem Jahr wurde es erstmals auf dem Sportplatz abgebrannt. Offenbar waren wir nicht die Einzigen, die das nicht wussten.

Nach dem Feuerwerk setzte die Band „Right Now“ ihr Konzert fort. Der Bandleader bemerkte ironisch, dass er ein schönes Feuerwerk „gehört“ hätte. Von einer jungen Frau, deren Freund bei der Freiwilligen Feuerwehr ist, erfuhren wir, dass das Feuerwerk vom Sportplatz aus weiter zu sehen wäre. Nun ja … auf dem Markt hat man offenbar nichts gesehen, und die Sicht von der Föhse war auch bescheiden.
Immerhin spielte „Right Now“ ein tolles Konzert. Der Markt war voll. Es war der einzige Abend in diesem Jahr, an dem wir an die Zeit bis 2019 erinnert wurden.

„Ich befürworte Werders Abriss nicht“ – ein kurzes Gespräch mit dem Ersten Beigeordneten
Interessant war ein zufälliges Gespräch, das wir am Sonntag mit dem Ersten Beigeordneten unserer Stadt, Christian Große führten. Wir trafen ihn zufällig, als wir mit einem Stadtverordneten sprachen, den ich seit meiner Kindheit kenne. Da wir mitten im Thema waren, holten wir ihn quasi ins Boot.
Herr Große zeichnete ein sehr wortreiches schwarzes und ein weißes Gemälde des Festes: Die Gäste hätten Werder abgerissen, das könne er nicht mehr befürworten. In diesem Jahr wäre alles ganz wunderbar. Wer meckert, idealisiert die letzten 30 Jahre und hat keine Ahnung von nichts. Genau so sprach er mit uns. Erwähnenswert ist, dass es sich um den Sohn des Altbürgermeisters handelt, der das Fest der letzten 30 Jahre und somit „Werders Abriss“ in die Wege geleitet hatte.
Was unsere „Ahnung von nichts“ betrifft, so frage ich mich, ob ich nur Kritik üben darf, wenn ich mich in die Tiefen der Kommunalpolitik eingelesen habe? Ich glaube nicht, dass dies die Voraussetzung sein sollte.
Wer redet denn vom Freitag? Wir hatten einen so schönen Samstag
Im Verlauf des Gespräches konfrontierte ich Herrn Große mit dem leeren Marktplatz bei der Eröffnung des Festes durch die Baumblütenkönigin und die Bürgermeisterin. Er war persönlich anwesend und sollte dazu eine Meinung haben. Doch er sprach vom Samstag, an dem der Markt doch voll gewesen wäre. Ich korrigierte, dass seine Meinung über die Eröffnung des Festes hören wollte. Doch er sprach wieder vom Samstag.
Zum schlecht kommunizierten Feuerwerk sagte er, dass es in ausreichendem Maße angekündigt war und er nichts dafür könne, dass sich die Gäste nicht informieren. Wir kamen uns bei dem aus der Luft gegriffenen Redeschwall vor, als würden wir die Wahlkampfrede eines Berliner Politiker hören.
Ich war immer der Meinung, dass wenigstens die ein Kommunalpolitiker für die Bürger da wären. Immerhin: Christian Große hat ein Bürgerbüro und bot mir eine Fortsetzung des Gesprächs in demselben an. Doch würde eine weitere Unterhaltung Früchte tragen? Ich habe große Zweifel und mich dagegen entschieden.
Bitte eine Kommunikation auf Augenhöhe
Die wichtigste Voraussetzung für ein Gespräch auf Augenhöhe ist die Ebenbürtigkeit beider Gesprächspartner. Ein Kommunalpolitiker sollte zuhören, reflektieren und Kritik annehmen können. Obwohl, oder gerade wenn er anderer Meinung ist. Das ist sein Job, dafür wird er gewählt und von unseren Steuergeldern bezahlt. Wenn ich die neue Ausrichtung des Festes nicht gut finde, heißt das nicht, dass ich den „Abriss“ von Werder durch betrunkene Obstweinkonsumenten befürworte.
Als Bürgerin dieser Stadt wünsche ich mir, dass meine Meinung, die ich ja nicht allein mit mir herumtrage, respektiert und diskutiert wird. Stattdessen redet sich der Vizebürgermeister das Fest schön und den Bürger an die Wand. Das geht gar nicht! Im Juni sind Kommunalwahlen. Ich hoffe sehr, dass andere Bürger ähnliche Erfahrungen gemacht haben und ihre Kreuzchen entsprechend verteilen. Denn das Baumblütenfest ist nicht das einzige Problem. Es ist eher das Kleinste, in unserer Stadt.
Nachtrag vom 9. Juni 2024: Das amtliche Wahlergebnis steht fest. Die Bürger haben der AfD einen Stimmenzuwachs von 9,7% im Jahre 2019 auf 17,9 % in 2024 beschert. Die Partei spricht sich für die Rückkehr zum traditionellen Fest aus und hat nun sechs Sitze in der Stadtverordnetenversammlung.
Warum ich mir diese einseitige Darstellung erlaube
Ja, der Streifzug durch die verkürzte Baumblüte 2024 ist einseitig. Wir haben die Höfe und Gärten nicht besucht und konnten nicht auf jedem Event gleichzeitig sein. Dennoch erlaube ich mir, diesen Artikel genau so zu schreiben, und das hat einen Grund: Ich möchte dem Resume der Stadt einen anderen Blickwinkel entgegen setzen.
Ich lebe in Werder (Havel) und habe die Baumblüte seit der Wende jedes Jahr besucht. Meine erste Erinnerung an dieses Fest geht auf das Jahr 1979 zurück: Damals feierte die Stadt das 100jährige Bestehen der Baumblüte mit einem Umzug. Wir sind mit der Schulklasse mitgelaufen.
Mir ist nicht entgangen, dass in den 1990er-Jahren Menschen in der Festwoche ihr Leben verloren haben. Ich weiß, dass Betrunkene auf der Inselstadt randalierten. Dass es Festnahmen gab, dass junge Frauen belästigt wurden und dass sich vornehmlich junge Menschen bis zur Besinnungslosigkeit betranken. Ich habe wahrgenommen, dass in den letzten Jahren auf dem Fest Cannabis geraucht wurde und dass Besucher große Bassboxen auf dem Handwagen durch die Stadt zogen, um ihre eigene Musik zu hören.
Sind die Kritiker zu leise?
In den Facebook-Gruppen unserer Blütenstadt finden sich fast ausschließlich befürwortende Stimmen zu der neuen Ausrichtung des Festes. Doch in unserer lokalen Zeitung gibt es Kritik, auf der Straße ebenfalls. Herr Große hatte natürlich ausschließlich Gutes gehört. Das mag aber daran liegen, dass er Kritik nicht hören wollte. Zumindest war es in persönlichen Gespräch mit mir der Fall.
Der Aufschrei gegen die Abschaffung des Festes war kurz und letztlich nicht laut genug. Die Stadt hat durchgesetzt, was sie 2019 beschlossen hatte. Ja, es gab teure Einwohnerbeteiligungen und Umfragen. An diesen haben die Menschen, die das Fest heute kritisieren, offenbar nicht mit ausreichend Nachdruck teilgenommen. Denn die Stadt kommuniziert, dass genau dieses Fest so von den Werderanern und Werderanerinnen gewollt war.
Warum ist dann am Freitag niemand zur Eröffnung gekommen? Warum haben wir mit Ausnahme des Kommunalpolitikers niemanden getroffen, der vor Begeisterung übersprühte? Warum war von drei Tagen nur einer wirklich gut besucht? Und haben wir eigentlich schon über das Traumwetter an jenem gut besuchten Sonnabend gesprochen? Von den Schaustellern, die eine zu kurze Standzeit bemängelt haben? Von Budenbetreibern am Hohen Weg, die über geringen Umsatz klagten? Und über Gäste, die dem Reporter sagten, man hätte doch etwas mehr auf die Beine stellen können?

Das Fest wird kaputt gemacht
Meine Kritik bezieht sich nicht darauf, dass ich die Betrunkenen vermisst habe, die Straftaten und Vandalismus begangen haben. Oder die mit dem Rettungsdienst abgeholt werden mussten, der sich vorher einen Weg durch die Menschenmassen bahnte.
Ich kritisiere, dass die Stadt dieses Fest kaputt macht. Mir ist durchaus bewusst, dass das Fest im Jahr 2019 grenzwertig war. Das es jedes Jahr größer wurde. Dass der Kommerz wichtiger war als die Ursprünge.
Dann trennte sich die Stadt vom Veranstalter und fand keinen neuen mehr. Sie verwertete Ideen aus dem Einwohnerbeteiligungsverfahren nicht. Wir waren persönlich anwesend, kein einziger Vorschlag wurde ins Programm aufgenommen. Nicht wenige hatten das Gefühl, der Fahrplan stünde fest und alles andere wäre Ablenkung. Fakt ist: Es wurde das umgesetzt, was die Stadt 2019 verkündet hatte: Das Fest wird es so nicht mehr geben.
Jedes Jahr eine Neuausrichtung
Nun erfährt die Baumblüte jedes Jahr eine Neuausrichtung. Im nächsten Jahr möchte man „an weiteren Stellschrauben“ drehen. Die Welt hat sich verändert, darauf müsse man reagieren, meinte der Erste Beigeordnete. Das Attentat am Breitscheidplatz in Berlin, die Inflation, die niedrige Hemmschwelle derer, die sich besinnungslos betrinken, fordern ein Umdenken. Alles richtig.
Doch wie machen es andere Städte? Rund um Werder (Havel) fanden alle Volksfeste ohne Neuausrichtung nach Corona wieder statt. Mit Musik, die laut ist, und mit Gästen, die sich betrinken. Viele andere Städte und Gemeinden haben klamme Kassen und wissen vom Terror am Breitscheidplatz. Dennoch richten sie für ihre Bürger traditionelle Feste aus.
Werder bekommt es nicht mehr auf die Reihe. Anstatt das zuzugeben, anstatt offen und ehrlich zu kommunizieren, wird alles schön geredet. Die Tradition wird umgeschrieben, die Medien publizieren es, und schon hatte Werder schon immer ein Fest auf den Höfen und Gärten, obwohl das nie so gewesen war.

Gäste und Betreiber bleiben weg
Wenn die Stadt so weitermacht, wird das Fest sterben. Wer in diesem Jahr einen weiteren Weg auf sich nahm, um bei uns zu feiern, wird nur wiederkommen, wenn er zufällig am zweiten Sonnabend zu Besuch gewesen war.
Schaustellern war die Standzeit zu kurz. Werden sie ihr Fahrgeschäft noch einmal in Werder aufstellen? Möchten die Budenbetreiber nächstes Jahr wieder in Werder verkaufen, die dieses Jahr keinen Umsatz erwirtschaftet haben?
Der Neuanfang ist gescheitert
Ich lege mich fest: Der Neuanfang ist mit der verkürzten Baumblüte 2024 gescheitert. Die Stadt hat die für sie wichtigen Programmpunkte in einen viel zu kurzen Zeitraum gequetscht. Laut Aussage der Bürgermeisterin möchte man dazulernen und im nächsten Jahr vieles besser machen. Ich bin sehr gespannt. Viel Hoffnung habe ich leider nicht.


Fotos © jette