Schmalkalden – Fachwerkhäuser aus dem Spätmittelalter

Schmalkalden – Fachwerkhäuser aus dem Spätmittelalter

In Schmalkalden prägen Fachwerkhäuser das Bild der Altstadt. Ich würde die Fachwerk- und Hochschulstadt als Geheimtipp für Fans spätmittelalterlicher Fachwerkarchitektur bezeichnen. Die Häuser in der Altstadt sind wunderschön saniert. Es gibt ein Fachwerkerlebnishaus, das kostenlos besichtigt werden darf, viele kleine Geschäfte und eine echte Thüringer Bratwurst, die für uns Berliner besonders lecker ist. Dass Martin Luther in der Stadt weilte, wusste ich nicht, auch die schöne Altstadt war eher eine Zufallsentdeckung. Wenn du in der Nähe bist, solltest du einen Besuch einplanen. Viele schöne Eindrücke sind nicht nur für Architekturfans garantiert.

Das älteste Fachwerkhaus in Schmalkalden in der Weidebrunner Gasse 13

Das Wichtige in Kürze:

  • Schmalkalden ist mit dem Auto gut zu erreichen, wenige Gehminuten von der Innenstadt gibt es ein günstiges Parkhaus
  • Die Altstadt ist eine reine Fußgängerzone, der Stadtbummel ist wirklich entspannt
  • Das älteste Fachwerkhaus ist täglich für Besucher geöffnet
  • Es gibt gute Bäckereien, Buchläden und andere kleinere regionale Geschäfte
  • Tafeln informieren über die Geschichte der Gebäude

Schmalkalden – Entdecke die Vergangenheit

Wir sind mit dem Auto nach Schmalkalden gefahren und haben nahe der Altstadt ein Parkhaus gefunden. Der erste Eindruck, den wir von der Stadt bekamen, war ein wenig schöner Hinterhof mit einer Tafel: An diesem Ort stand bis zur Reichsprogromnacht am 9. November 1938 eine jüdische Synagoge: Bereits im 13. Jahrhundert gab es in der Stadt eine jüdische Gemeinde. Es war unsere erste Begegnung mit der Geschichte von Schmalkalden, einem Ort, der im Jahre 874 erstmals erwähnt wurde und mehr als 600 Jahre lang, bis zum Jahre 1944, zu Hessen-Nassau gehörte. Während der DDR-Zeit lag Schmalkalden im Bezirk Suhl. Heute gehört die Stadt zum Landkreis Schmalkalden-Meiningen im Freistaat Thüringen.

Die ältesten Fachwerkhäuser entstanden im 14. Jahrhundert. Dazu gehört auch das als Fachwerkerlebnishaus bezeichnete älteste Haus der Stadt in der Weidebrunnergasse 13. Es wird als eins der fünf ältesten Fachwerkhäuser im Freistaat Thüringen beschrieben. Es wurde zwischen 1369 und 1370 fertiggestellt. Es gab an gleicher Stelle einen Vorgängerbau, von dem das Kellergewölbe noch erhalten ist. Dieser stammt aus dem Jahre 1290.

Fachwerkerlebnishaus in Schmalkalden
Fachwerkerlebnishaus in Schmalkalden: Das älteste Haus der Stadt

Begegnung mit Martin Luther

Wir haben uns schon oft auf die Spuren Luthers begeben: Dass sich Luther in Schmalkalden aufhielt, wussten wir bislang nicht. Das hübsche Haus mit rotem Fachwerk steht am Lutherplatz 7, du entdeckst es bei deinem Spaziergang durch die Innenstadt.

Lutherhaus in Schmalkalden

Auf einer Tafel, die an der linken Seite des Hauses angebracht ist, erfährst du, dass Martin Luther im Jahre 1537 zwei Wochen in der Stadt verbrachte. In dieser Zeit wohnte er als Gast von Balthasar Wilhelm in diesem Haus. Dreihundert Jahre nach dem Aufenthalt, 1837, wurde der Platz umbenannt.

Zu einer historischen Stätte wurde das Haus nicht allein durch den Aufenthalt von Martin Luther. Er verfasste in dem Haus die „Schmalkaldischen Artikel“: Dabei handelt es sich um eine protestantische Schrift, die bis in die heutige Zeit eine große Bedeutung hat: Mit dieser lutherischen Bekenntnisschrift wird ein evangelischer Pfarrer in sein Amt eingeführt.

Die Schmalkaldischen Artikel

Auf der Tafel, die am Lutherhaus angebracht ist, kannst du entnehmen, dass der Theologe an einer schweren Erkrankung litt. Diese war ein Grund, aus dem er auf Bitte des sächsischen Kurfürsten Johann Friedlich eine Art Testament verfassen sollte. Der auch als Friedrich der Großmütige bezeichnete Kurfürst galt als Anführer des „Schmalkaldischen Bundes“, einem Bündnis der Fürsten, die zum protestantischen Glauben übergetreten waren. Er wollte sich mit dem Bekenntnis zur Reformation den Franken entgegenstellen, die katholischen Glaubens gewesen waren.

Schmalkaldische Artikel in der Handschrift von Martin Luther aus dem Jahre 1537. Luther verfasste die Niederschrift in frühneuhochdeutscher Sprache. Foto: UB Heidelberg, Cod. Pal. germ. 423. Gemeinfrei. Quelle: Wikipedia Commons

Es ist überliefert, dass Luther Predigten in der Stadtkirche abhielt. In Begleitung seines Arztes reiste er nach zwei Wochen in seine Heimat Wittenberg ab. Dabei nahm er die Route durch den Thüringer Wald, in dem er Sechszehn Jahre zuvor von seinen Unterstützern entführt wurde. An dieses Ereignis in der Nähe des Ortes Steinbach erinnert ein Lutherdenkmal, welches wir bei unserem Tagesausflug in den Thüringer Wald leider nicht mehr besichtigen konnten.

Kemenaten in der Altstadt von Schmalkalden

Der Begriff der Kemenate ist auf die lateinische Sprache zurückzuführen. Sie war im Mittelalter die Sprache der Gelehrten. Zudem hat das Lateinische die deutsche Sprache stark beeinflusst. Erst durch die Bibelübersetzung Martin Luthers, der in der Nähe von Bad Liebenstein im Thüringer Wald entführt und auf die Wartburg verbracht wurde, begann sich eine deutsche Schriftsprache zu entwickeln. Luther war nicht nur Theologe und Wegbereiter der Reformation, sondern hat auch eine große Bedeutung in der germanistischen Sprachgeschichte.

Die Kemenate war eine Stube, in der sich ein Kamin oder ein Ofen befand. Heute kann die Bezeichnung Wärmestube alternativ Verwendung finden. Im 14. und 15. Jahrhundert entstanden viele dieser Wärmestuben. Zunehmend hatten auch Wohnhäuser einen warmen Raum. Die Kemenaten in Schmalkalden sind auf diesen Ursprung zurückzuführen.

Blick auf den Altmarkt. Rechts befindet sich die Todenwarthsche Kemenate, ein Patrizierhaus, von dem derzeit nur das Erdgeschoss genutzt wird.

Das Rosenapotheke in der Steingasse gehört ebenfalls zu den Steinernen Kemenaten und ist ebenfalls eines der bekanntesten Bauten in Schmalkalden. Der jetzige Bau ist mit einer Tafel aus dem Jahre 1545 versehen. Es ist überliefert, dass Philipp Melanchthon dort fünf Jahre zuvor wohnte.

Das älteste Fachwerkhaus der Stadt

Für uns als Fans von mittelalterlicher Architektur gab es in Schmalkalden viel zu sehen. Unser Highlight war der Besuch des Fachwerkerlebnishauses in der Weidebrunner Gasse 13. Du erreichst das Haus fußläufig, wenn du in der Altstadt unterwegs bist. Kurz nach Weihnachten war die Gasse bei der einbrechenden Dunkelheit sehr schön beleuchtet.

Blick in die Weidebrunner Gasse Schmalkalden in der Weihnachtszeit
Weidebrunner Gasse in der Weihnachtszeit am späten Nachmittag

Das Fachwerkhaus stammt aus dem Jahre 1369, es kann auch etwas früher oder später errichtet worden sein. Im Verlauf der Jahrhunderte hat es viele Veränderungen erfahren. Wenn du dich für eine Besichtigung entscheidest, kannst du die Mauersegmente aus den verschiedenen Zeiten erahnen. Besonders eindrucksvoll sind die niedrigen Räume und die Aufteilung, die in ihrem Ursprung erhalten geblieben ist.

Eingangsbereich des Fachwerkhauses: Die unterschiedliche Altersstruktur der Wände ist deutlich zu erkennen

Das Fachwerkerlebnishaus wird von einem Verein betreut, der Eintritt ist kostenlos. Du kannst Fragen stellen und deine Besichtigung von einem der Vereinsangehörigen begleiten lassen. Wenn du magst, kannst du eine Spende hinterlassen.

Fachwerkerlebnishaus – Eröffnung im Jahre 2013

Die Jahrhunderte hatte das Fachwerkhaus überdauert, aber dennoch war es nach dem Ende der DDR in keinem guten Zustand. Es verfiel zu einer Bauruine, die Sanierung erwies sich als aufwendig. Sie begann im Jahre 1995. Die Einweihung des restaurierten Hauses, das zu den fünf ältesten Fachwerkbauten in Thüringen gehört, erfolgte unter großem Interesse im Jahre 2013. Seitdem können Besucher das Fachwerkhaus nicht nur von außen, sondern auch von innen bewundern.

Restaurierte Treppen im Fachwerkhaus Schmalkalden
Einige Treppen des Fachwerkhauses sind im Original erhalten

An den niedrigen Räumen erkennst du, dass die Menschen im späten Mittelalter deutlich kleiner waren, als die Generationen im 20. und 21. Jahrhundert. Wir müssen uns heute in einigen Räumen bücken.

Niedrige Räume im Fachwerkerlebnishaus in Schmalkalden
Niedrige Räume im Fachwerkhaus: Zwischen der Lehne des Stuhls und dem Gebälk ist nicht viel Platz

Wenn du möchtest, kannst du einen Blick in die Kellergewölbe werfen. Dort ist es kühl: Für die Aufbewahrung von Vorräten herrschten ideale Bedingungen. Auch hier sind die Deckenhöhen nicht so, wie wir es heute gewohnt sind.

Fachwerkerlebnishaus Schmalkalden: Blick ins Kellergewölbe
Kellergewölbe des Fachwerkhauses in Schmalkalden

Wir haben eine gute halbe Stunde in dem Fachwerkerlebnishaus verbracht. Dabei hatten wir Gelegenheit, mit dem Vereinsmitglied zu sprechen. Es war interessant, und wir haben gemerkt, wie viel Liebe und Ehrgeiz in dem Projekt steckt.

Der Herr bat darum, weiterzuerzählen, dass es dieses eindrucksvolle Fachwerkerlebnishaus in Schmalkalden gibt. Das tue ich auf diesem Wege sehr gern: Wenn das Haus während deines Besuchs in der Stadt geöffnet ist, solltest du dir die Zeit für einen Besuch nehmen.

Was Schmalkalden noch zu bieten hat

Wir haben einen Nachmittag in der Stadt verbracht und so viele Eindrücke mitgenommen. Doch es gibt noch sehr viel mehr zu sehen. Wenn du mehr Zeit hast, solltest du dir unbedingt das Schloss Wilhelmsburg auf dem Schlossberg anschauen. Du kannst dort das ganze Jahr über interessante kulturelle Veranstaltungen erleben.

Am Schlossberg befindet sich der Marstall, er diente in königlichen Residenzen der Unterbringung von Pferden. Wie viele der ehemaligen Ställe ist das historische Gebäude in Schmalkalden sehr gut erhalten. Der Marstall stammt aus dem 17. Jahrhundert, daneben befindet sich ein Pulverturm aus dem 13. Jahrhundert.

Im Ortsteil Weidebrunn kannst du einen weiteren Fachwerkbau besichtigen: Die Neue Hütte beherbergt eine Hochofenanlage aus dem 19. Jahrhundert, heute ist in dem Gebäude ein Museum untergebracht. Im Mittelalter war die Stadt eines der ältesten Zentren der Produktion von Eisen und Stahl auf dem Gebiet des heutigen Deutschland.


Fachwerkhäuser und noch viel mehr – 3 Tipps für deinen Besuch Schmalkalden

  • Ein Nachmittag ist zu kurz, um die einzelnen Häuser und ihre Bedeutung zu entdecken. Wenn du dich für die Geschichte und die Architektur der Stadt interessierst, kannst du direkt in der Innenstadt übernachten. Einige Fachwerkhäuser beherbergen Hotels: So kannst du tief in die Geschichte eintauchen
  • Du liebst Schokolade und möchtest erleben, wie die Süßigkeit hergestellt wird? Schmalkalden ist nicht nur Fachwerk- und Hochschulstadt, sondern auch Nougatstadt. In den Werkstätten der Viba-Nougat-Welt kreierst du selbst sehr leckere Süßigkeiten
  • Entdecke die herrliche Umgebung des Thüringer Waldes. Der Stadtwald von Schmalkalden ist für eine Tour perfekt geeignet. Nimm dir idealerweise einen halben Tag Zeit. Du kannst die Tour mit Kindern planen und auch dann, wenn du nur wenig Erfahrung hast. Der Aufstieg auf den Mittelberg hat eine Höhe von 430 Metern und ist sehr gut zu bewältigen

Das Rathaus von Schmalkalden in der Weihnachtszeit

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