Friedrich II. auf Schloss Sanssouci – Schöngeist und Flötenspiel
Wenn du den Schöpfer von Schloss Sanssouci als Alten Fritz bezeichnest, dann stammst du mit hoher Wahrscheinlichkeit aus einer der Havelregionen, in denen unser schnoddriger Berliner Dialekt gequatscht wird. Friedrich II. ist der offizielle Name des berühmten Preußenkönigs, der Potsdam liebte und zur Residenzstadt ausbaute.
Das Wichtigste in Kürze:
- Nimm dir Zeit für einen Spaziergang von Sanssouci zum neuen Palais
- Plane deinen Besuch nach Möglichkeit an einem Wochentag
- Entdecke die zahlreichen antiken Skulpturen im Park
Friedrich der Große – Sohn eines autoritären Vaters
Friedrichs Vater, Friedrich Wilhelm I., machte sich in der Geschichte durch Trinkgelage und den Aufbau einer Armee aus jungen Männern mit beträchtlicher Körpergröße einen Namen. Die „Langen Kerls“, die mit ihren prägnanten Fellmützen noch länger erschienen, wurden aus ganz Europa zusammengezogen, und das nicht immer freiwillig. Der Enthusiasmus brachte Friedrichs Vater den Namen „Soldatenkönig“ ein.
Schöngeist statt Soldatenkönig
Der Sohn war musisch begabt und hatte als junger Mann an Macht und Kriegsführung kein Interesse. Das Verhältnis zum Vater galt als schlecht. Der robuste Friedrich Wilhelm I. konnte mit seinem zart besaiteten Sohn nichts anfangen. Der Junge spielte Querflöte, parlierte französisch anstelle von deutsch, er schrieb Gedichte und komponierte Partituren. Er merkte früh, dass die Rolle, in die er hineingeboren wurde, nicht seine war. Gemeinsam mit seinem acht Jahre älteren engen Freund Hans Hermann von Katte, einem Leutnant der preußischen Armee, plante Friedrich im Frühling 1730 mit gerade einmal 18 Jahren die Flucht nach Frankreich. Er wollte sich seinem Vater und seiner Bestimmung als Herrscher von Preußen entziehen. Seine Interessen sollten sein Leben bestimmen.
Die Hinrichtung in Küstrin
Die Flucht misslingt. Friedrich und von Katte werden nach Küstrin gebracht. An der Oder stand eines der preußischen Schlösser der Herrscherfamilie. Am 6. November 1730 muss Friedrich zusehen, wie sein Freund, zu dem er Recherchen des britischen Historikers Christopher Clark zufolge eine als liebevoll beschriebene Beziehung unterhalten haben soll, unter dem Schwert hingerichtet wird. Friedrich selbst bleibt vom Vater verschont. Am Rande der Grundmauern des im Zweiten Weltkrieg zerstörten Küstriner Schlosses erinnert heute eine Tafel an die Hinrichtung. Friedrich soll aus einem Fenster zugesehen haben.
Die Wandlung zum mächtigen Herrscher
Das Ereignis prägt ihn tief. Es verändert sein Leben. Im Verlauf der Geschichte erhält Friedrich den Beinamen der Große, weil Preußen unter seiner Führung zu einer von fünf europäischen Großmächten aufsteigt. Doch die Freundschaft zu von Katte, seine musische Begabung, seine Nähe zu Frankreich und seine schöngeistigen Interessen bleiben in ihm. Sie bestimmen sein Leben abseits der Kriegsführung. Und sie sind das Fundament für die Mauern von Schloß Sanssouci.
Ohne Sorge die wahre Bestimmung leben
Es ist nicht belegt, dass Friedrich II. das Schloss von Versailles jemals besucht hätte. Das unter Ludwig XIV. zur größten Schlossanlage Europas ausgebaute ehemalige Jagdschloss vor den Toren von Paris diente ihm jedoch unverkennbar als Inspiration für sein Sommerschloss, in dem er ohne Sorge seinem Flötenspiel und seinen kulturellen Interessen frönte. Er holte französische Literaten nach Sanssouci, unter ihnen Voltaire, mit dem er eine enge Freundschaft unterhielt. Anders als bei seinem Vater, der im Schloss Königs Wusterhausen feucht-fröhliche Tabakskollegien abhielt, umgab sich Friedrich mit Gelehrten. Er lebte auf Sanssouci das Leben, das seiner Bestimmung entsprach. Ein Leben für den Schöngeist, ohne Frau und ohne Nachkommen: Seine Gattin residierte im Berliner Schloss und auf Schloss Schönhausen, zur damaligen Zeit eine Tagesreise von Sanssouci entfernt.
Potsdam war Friedrichs Heimat
Auf der ehemaligen Prachtstraße Unter den Linden, direkt vor dem Hauptgebäude der Humboldt-Universität, siehst du eine überlebensgroße Statue. Sie zeigt Friedrich auf seinem Pferd, er kommt aus Potsdam und reitet zum Berliner Schloss, das sich in Sichtweite befindet.
Friedrich wurde in dem Schloss geboren, er wuchs dort auf, seine Frau lebte einige Monate im Jahr dort, doch er fühlte sich zu Potsdam hingezogen. Die Statue steht für gelegentliche Besuche, für ihn eine lästige Pflicht. Seine Erfüllung fand er an der Havel. Im Verlauf seiner Regierungszeit baute er Potsdam zur Residenzstadt aus, was seine enge Bindung ausdrückt. Seinen Arbeitssitz unterhielt er im Potsdamer Schloss. Er baute es in barockem Stil um und zeigte sich seinem Volk nahbar: Aus dem Fenster seines Arbeitszimmers sah er auf einen Lindenbaum. Dieser ging als Bittschriftenlinde in die Geschichte ein.
Die Bittschriftenlinde
Das Volk hatte die Möglichkeit, kleine Botschaften in Form von Zetteln an die Linde zu heften. Wenn Friedrich die Botschaften sah, ließ er sie zur Einsicht auf seinen Schreibtisch legen. Heute gibt es die Linde wieder. Du kannst deine Botschaft an die Potsdamer Obrigkeit auf digitalem Weg per QR-Code übermitteln.
Das Stadtschloss war Friedrichs Arbeitssitz, Sanssouci seine offizielle Sommerresidenz. Dort hatte Friedrich ebenfalls ein Arbeitszimmer, in dem er am 17. August 1786 starb.
Die Rote Armee als Retter von Schloss Sanssouci?
Dass wir Sanssouci heute besichtigen und den Geist Friedrichs in den von ihm geschaffenen, opulent ausgestatteten Räumen spüren können, sollen wir der Roten Armee zu verdanken haben. Historiker sind sich nicht einig, Fakt ist, dass die russischen Soldaten zahlreiche historische Schätze aus Sanssouci abtransportierten. Bei dem Luftangriff der britischen Armee am 13. und 14. April 1945 wurde nicht nur das Potsdamer Stadtschloss bis auf die Grundmauern zerstört. Es brannte auch auf Schloss Sanssouci, im Neuen Palais und in den Communs, in denen heute die Geisteswissenschaften der Potsdamer Universität gelehrt werden. Die Rote Armee besetzte die Schlösser. Blieben sie deshalb verschont? Die Antwort auf diese Frage werden die Forscher vielleicht in den nächsten Jahren eindeutig geben können.
Ein Schloss, kein Kulturhaus
Sanssouci hat nicht nur die Luftangriffe, sondern 40 Jahre DDR überlebt. Anders als andere Schlösser und Landsitze der Hohenzollern wurde es nie zu einer Schule, einem Altersheim oder einem Kulturhaus umgewidmet. Es verfiel nicht, sondern wurde von der Obrigkeit gepflegt. Heute erstrahlt das Schloss im Glanz seines Erbauers. Schloß Sanssouci ist die Sehenswürdigkeit in Potsdam, die du nicht verpassen darfst. Nimm dir ausreichend Zeit, der große Park hat viel Sehenswertes zu bieten.
Von Potsdams Gästen stark frequentiert
Wenn du deinen Besuch in Sanssouci planst, meide du nach Möglichkeit den Hochsommer, die Ferien, die Wochenenden und Brückentage. Im Durchschnitt besichtigen 1.000 Menschen Sanssouci – am Tag. Außerhalb der Saison sind es deutlich weniger als zu den hoch frequentierten Zeiten.
Das Schloss hat täglich geöffnet. Unter der Woche, außerhalb der Ferienzeiten kannst du dir im Rahmen der Führung viel Zeit nehmen und nachfühlen, welche Bestimmung das Leben Friedrichs für ihn hatte. Vor allem in den Sommermonaten zog er sich in das von ihm geschaffene Refugium zurück und lebte für seine Kunst und seinen Schöngeist. Die Ausstattung der Räume ist in Teilen bis heute erhalten.
Jeder soll nach seiner Fasson glücklich werden
Als Kind fand ich die überdimensionalen Latschen aus Filz legendär, die Besucher damals zum Schutz der Böden tragen mussten. Jetzt, als Erwachsene, begeistern mich die Schönheit der Architektur, die Einrichtung und die Kostbarkeiten, mit denen die Räume ausgestattet sind. Doch das wahre Erlebnis ist der Geist Friedrichs, der durch die Räume schwebt. Die Hinrichtung seines Freundes, die er mit 18 Jahren erleben musste, hat ihn für sein Leben geprägt. Gebrochen hat sie ihn nicht. Er nahm sich die Freiheit, seine wahre Gesinnung zu leben. Das ist das Besondere, an Sanssouci. Jeder soll nach seiner Fasson glücklich werden. Das sagte Friedrich im Kontext der Streitigkeiten zwischen Katholiken und Protestanten um den wahren Glauben. War er glücklich, nach seiner Fasson? Beim Flötenspiel, beim Schreiben von Partituren, beim Austausch mit Größen von Voltaire war er es bestimmt. All dies erlebte er auf Sanssouci.