Jagdschloss Stern – holländische Bescheidenheit
Ist das Jagdschloss Stern in Potsdam ein Schloss oder eher ein holländisches Giebelhaus im Stil der Hanse? Es vereint beides in sich: Es wird als Schloss bezeichnet, weil es von einem preußischen König erbaut wurde. Der Soldatenkönig Friedrich-Wilhelm I. war ein begeisterter Jäger. Er ließ für seine Hetzjagden in der Parforceheide ein eher bescheidenes Domizil errichten. Es besteht aus einem Barocksaal und mehreren kleinen Räumen, die der König bewohnte. Das Schlafzimmer soll er regelmäßig für Übernachtungen genutzt haben. Wenn du das Areal besuchst, bekommst du eine Vorstellung von der Natur, die Potsdam einst umgab.
Das Wichtigste in Kürze:
- Das Schloss ist sehr gut zu Fuß, mit dem Rad, mit dem ÖPNV oder mit dem Auto zu erreichen
- Ein Förderverein verwaltet das das kleine Areal
- Eine Besichtigung ist im Rahmen von Veranstaltungen und Sonderöffnungen möglich
Potsdam am Stern – ehemaliges Jagdgebiet der Kurfürsten
Das Jagdschloss Stern liegt in einem Bereich, der mir vertraut ist. Ich wusste schon als Kind, dass es eine Jagdhausstraße gibt, weil in der Nähe Freunde meiner Eltern lebten. Dennoch befand ich mich nahe der Lebensmitte, als ich diese geschichtsträchtige Ecke in Potsdam das erste Mal besuchte und die Puzzleteile in meinem Kopf zusammensetzte.
Wenn du über die naheliegende Autobahn 115 Richtung Berlin fährst, kommst du an einer Raststätte mit dem Namen Parforceheide vorbei. Ich weiß jetzt, dass der Begriff Parforce für eine Hetzjagd steht, die hoch zu Roß mit Hunden durchgeführt wird. Und dass das gesamte Areal, das heute als Wohngebiet Am Stern bekannt ist, als Tiergarten für Preußens Könige diente. Zumindest für jene, die das Jagen liebten. Der Soldatenkönig gehörte definitiv dazu.
Das Rondell, das einst als Versammlungsplatz der Jagdgesellschaft diente, ist erhalten geblieben. Heute führen acht Pfade in alle Himmelsrichtungen. In der Mitte stand einst ein Brunnen. Eine runde Platte markiert diese Mitte, auf der die einstigen Pfade aufgezeichnet sind. Sechzehn Gestelle waren es. Mit ein wenig Fantasie bist du mitten drin, im Jagdgebiet.
Was steckt hinter dem holländischen Baustil?
Die Bindung der Mark Brandenburg an Holland war zur Bauzeit des Jagdschlosses Stern mehr als ein halbes Jahrhundert alt. Der große Kurfürst Friedrich Wilhelm war ab 1640 Herrscher in der Mark. Er weilte in jungen Jahren, während des Goldenen Zeitalters der Niederlande, in Holland und war von der Kultur und dem Fortschritt des Landes begeistert.
Durch seine Ehe mit Luise Henriette von Oranien-Nassau schuf er eine familiäre Bindung an das holländische Königshaus. Die Stadt Oranienburg im Norden Brandenburgs verdankt der Verbindung ihren Namen. Dass der große Kurfürst offen war für andere Nationen, zeigt auch das Potsdamer Edikt. Es gestattete den in Frankreich verfolgten Hugenotten die Niederlassung in der Mark. So förderten holländische Fachkräfte und französische Handwerker den Fortschritt in einer Region, die bis dato eher für ihren trockenen Sand als für Innovationen bekannt war.
Friedrich-Wilhelm I., Enkel des Großen Kurfürsten, war von den Holländern ebenso angetan. Das Jagdschloss gilt heute als Prototyp für das im Stadtzentrum Potsdams gelegene Holländische Viertel. Friedrich-Wilhelm I. ließ das Viertel zwischen 1733 und 1742 errichten, um den holländischen Einwanderern ein heimatliches Gefühl zu schenken. Das Jagdschloss Stern wurde im Jahre 1732 fertiggestellt.
Nach nur zweijähriger Bauzeit wurde das Jagdschloss Stern eingeweiht. Wenn du über die einfache Struktur verwundert bist, lohnt sich ein Ausflug zum Schloss Königs-Wusterhausen. In diesem verweilte Friedrich-Wilhelm I. recht häufig.
Das Tabakskollegium ist eng mit dem Schloss verbunden. Es wirkt ebenso bescheiden, der Soldatenkönig machte sich wenig, aus Protz und Prunk. Sanssouci gab es damals noch nicht, es wurde erst von seinem Sohn Friedrich dem Großen errichtet. Somit ist das Jagdschloss Stern heute das älteste, im Original erhaltene Schloss in Potsdam.
Besichtigungen sind möglich – aber nicht immer
Das Jagdschloss Stern steht unter der Verwaltung der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten. Es gibt jedoch keine festen Öffnungszeiten. Dies liegt daran, dass sich der Förderverein Jagdschloss Stern-Parforceheide e.V. ehrenamtlich um das Schloss kümmert. Du kannst das Schloss an Wochenenden mit Sonderöffnung oder im Rahmen von Veranstaltungen besuchen. Genieße zeitgleich eine gute Tasse Kaffee und ein Stück Kuchen im Kastellanhaus, das sich direkt neben dem Schloss befindet und bereits zu früherer Zeit ein Gasthaus gewesen war. Das Fachwerkhaus ist hübsch saniert und im Original erhalten.
Das Rondell vor dem Jagdschloss Stern und dem Kastellanhaus zieren Bänke, auf denen du die Umgebung auf dich wirken lassen kannst. Die Gegend ist mit Einfamilienhäusern bebaut, es fahren nur wenige Autos. Du hörst die Autobahn rauschen und die Stadt ebenfalls, aber dennoch hat das Areal den Hauch einer Oase.
Sollte das Schloss während deines Besuchs nicht geöffnet sein, nutze die Zeit und entdecke die Natur rund um das ehemalige Jadggebiet. Der Baumbestand ist auch heute noch gut frequentiert. So kannst du dich in die Epoche zurückversetzen, in der sich die berittenen Herrscher mit ihrem Gefolge auf dem Rondell mit dem Brunnen in der Mitte zur Jagd trafen. Auch die Gestelle, die von dem Rondell wegführten, lassen sich heute noch erahnen.
Perfekter Ausgangspunkt zum Wandern und Radfahren
Heute gibt es acht Abzweigungen, von denen einer direkt am Jagdschloss Stern vorbei in den verbliebenen Teil der Parforceheide führt. Sie wird durch die Autobahn A115 durchschnitten und gehörte 40 Jahre lang zum Grenzgebiet zwischen Potsdam und West-Berlin. Heute ist sie ein beliebtes Ausflugsziel für Spaziergänger und Radfahrer. So kannst die Natur entdecken, in der die Könige einst Wild für die Hetzjagd ansiedelten.
Übrigens: Auf dem Gelände befindet sich ein Backofen, der originalgetreu wiederaufgebaut wurde. Er ist bis heute in Betrieb. Es gibt eine Arbeitsgemeinschaft, die den Ofen mehrere Male im Jahr anheizt und Brot nach dem traditionellen Bäckerhandwerk herstellt.
Drei Tipps für den Besuch des Jagdschlosses Stern
- Informiere dich auf den Seiten des Fördervereins über die Schlossöffnungen, wenn du das Innere besichtigen möchtest
- Plane die Anreise mit dem Fahrrad oder zu Fuß. So kannst du die herrliche Natur rund um das Schloss auf einer Radtour oder einem Spaziergang entdecken
- Nimm dir Zeit und genieße die schöne Umgebung. Das Rondell vor dem Schloss erzählt von den Versammlungen der Jagdgesellschaft, die auf einem der 16 Gestelle in den Wald ritt, um das Wild zu erlegen.
Ab dem Jahre 1970 wurde auf dem Areal des ehemaligen Jagdgebietes das Wohngebiet Am Stern errichtet. Die Fertigstellung erfolgte 1979. Wenn du auf einer der Bänke im Rondell verweilst, befinden sich die Zwölfgeschosser der typischen DDR-Plattenbau-Architektur in Sichtweite.
Wie an einigen anderen Stellen in Potsdam, prallen Welten aufeinander. Die Wohnblöcke haben die riesigen Naturräume, die es während der Zeit der preußischen Könige noch gab, drastisch verkleinert und der einstigen Residenzstadt ein neues Gesicht gegeben. Ich könnte mir vorstellen, dass das große Waldgebiet auch heute noch ausgesprochen attraktiv wäre. Für Spaziergänger und Erholungsuchende, aber auch für all jene, die gern nach den Spuren der Vergangenheit suchen.